Eine etwas andere Floßkanalfahrt.

Der letzte Tag im Oktober lockt mit fast sommerlichen Temperaturen und viel Sonnenschein. Die Fahrräder sind schnell gesattelt, die Kinder voller Energie und begierig auf das versprochene Eis auf der Hälfte der Tour.

Startpunkt ist Glaubitz, eine Gemeinde mit reichlich 2.000 Einwohnern, gelegen in der Mitte zwischen Riesa und Großenhain. Zuerst radeln wir nach Radewitz, einer Eingemeindung von Glaubitz. Gerade haben wir das Ortschild passiert, biegen wir links ab, fahren am Gebäude der Feuerwehr vorbei, entlang des verschilften Dorfteiches bis zum Wald. Nach ein paar hundert Metern fahren wir wiederum links zur Gemarkung Marksiedlitz. Dort gibt es den ersten Zwischenstopp. Grund sind etliche Nandus, die sich mit Hühnern zwei große Freigehege teilen. Der südamerikanische Lauffvogel ist ein gutes Stück kleiner als der Strauß, dafür aber doppelt so zutraulich. Die Kinder sind fasziniert.

Weiter geht es auf dem Radweg, nun entlang des Elsterwerda-Grödel-Floßkanals, den mit 22 km längsten Kanal Sachsens. Der Floßgraben ist stellenweise dicht mit Schilf umwuchert, so dass man nicht immer das Wasser sehen kann. Idyllisch schlängelt sich der Weg meist alleeartig durch die Landschaft. Mein Sohn, der mit seinen elf Jahren immer ein Stück vorneweg fährt, winkt uns heran. Er hat Riesenschirmpilze entdeckt. Direkt am Wegesrand. Der Parasol, wie er auch genannt wird, schmeckt zwar lecker als Schnitzel zubereitet, aber wir haben weder Messer noch Beutel in unserer Ausrüstung und so lassen wir die Sonnenschirme für Zwerge stehen.

Bei Streumen überqueren wir die Straße und ein Schild warnt uns vor Biberlöchern auf dem Radweg. Dabei dachte ich immer, Biber nagen nur an Bäumen und höhlen keine Wege aus, um arglose Radfahrer in die Tiefe stürzen zu sehen. Zudem stehen in Abständen Hinweisschilder, dass keine Graskarpfen dem Kanal entnommen werden sollen. Doch da besteht keine Gefahr, wir haben ausreichend zu Mittag gegessen. Dennoch begegnen wir zahlreichen Anglern auf unserer Fahrt. Aber alte Schuhe werden sie wohl nicht angeln wollen?

Wir radeln weiter, vorbei an leuchtend roten Hagebutten, an mit Efeu umrankten Uferbäumen. Das Schilf raschelt leise im Wind. Einige Totbäume ragen gespenstisch in den Himmel. Meine achtjährige Tochter schlägt sich tapfer auf dem mindestens dreißig Jahre alten MiFa-Klapprad. Das versproche Eis motiviert. Wir kommen den Koselitzer Teichen immer näher. Wir sind jetzt mitten im Wald und rechts neben uns fließt still der Floßkanal.

Wir biegen rechts ab, überqueren eine kleine Brücke und verlassen den Kanal. Nun liegt ein relativ großer Teich vor uns. Wir halten an. Sogleich kommen fünf halbwüchsige Schwäne auf uns zu. Laut fauchend begrüßen sie uns. Wie kleine Drachen klingen sie, nur dass kein Feuerschweif aus den Schnäbeln hervorschießt. Vielleicht habe sie auch nur Hunger. Wir schwingen uns wieder auf das Rad und fahren die Dorfstraße in Koselitz bis zur Eisdiele. Dort angekommen, müssen wir uns an der langen Menschenschlange anstellen, die bis zur Eisausgabe am Fenster des Wohnhauses reicht. Das weckt Kindheitserinnerungen.

Nachdem das Vanille-Schoko-Softeis bzw. die Erdbeerkugel aufgeschleckt sind, fahren wir die Dorfstraße weiter in Richtung Streumen. Auf halbem Weg biegen wir wieder auf den idyllischen Kanalradweg. Der Wind hat zugenommen und die Sonne will schon langsam untergehen, ein kalter Hauch streift uns. Meine Tochter kämpft auf dem Rad. Wir singen ein paar Lieder, um sie von der Strapaze abzulenken. Mein Sohn wartet an der Stelle, wo wir hinzu die Riesenschirmpilze gefunden hatten. Jetzt stehen nur noch die Stiele. Da hatte wohl jemand Pilzschnitzelhunger. Er ist sichtlich enttäuscht.

Wir treten weiter, vorbei an den Nandus, nach Hause zu Oma und Opa. Nach 20 Kilometern einer landschaftlich sehr reizvollen Tour bin ich ziemlich glücklich und meine Tochter kaputt. Für sie war es die erste lange Fahrt und dann mit einem solchen Eisenschwein. Ich bin ein wenig stolz auf sie. Mein Sohn blättert sogleich im Lexikon. Hoffentlich will er jetzt keine Nandus züchten.

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