Die Sache mit dem Eichelhäher

Die Hitze lässt die Luft am Horizont flimmern, als würde man durch eine wellige Glasscheibe schauen. Eine kleine Brise weht den Staub auf dem Feldweg von links nach rechts. Es ist so brütend heiß, dass mir der Schweiß von der Stirn rinnt, obwohl ich einen Sonnenhut mit Schweißband trage.

Noch ein kleines Stück, dann erwartet mich der Schatten spendende Wald. Kaum betrete ich das dämmrige Reich, warnt der Eichelhäher mit lautem Ratschen in seiner Funktion als Wächter des Waldes die anderen Tiere vor dem Eindringling.

Dabei möchte ich mir nur ein ruhiges Plätzchen suchen, um die Kühle und Stille des Waldes zu genießen. Noch immer kreischt der Eichelhäher in sicherer Entfernung auf einem Ast. Dabei bin ich echt harmlos und ein wahrer Naturfreund. Aber das kann der gefiederte Freund ja nicht wissen.

Exkurs: Der Eichelhäher trägt den lateinischem Namen Garrulus glandarius, welches nichts anderes heißt als „Der Eicheln hervorbringende Schwätzer“. Er verzehrt in der Tat am liebsten Eicheln. Dabei kann er bis zu zehn Früchte in seinem Kehlsack transportieren und auf der Suche nach einem geeigneten Versteck hat er meistens noch eine Eichel im Schnabel.

Findet er einen geeigneten Platz, vergräbt er die Eicheln als Wintervorrat im Boden. Auch wie das Eichhörnchen findet der buntberockte Vogel nicht alle Verstecke wieder. Somit sorgt er, genau wie das Pinselohr, für die weitere Verbreitung der Bäume. Sozusagen sind sie freiwillige Hilfskräfte, die tatkräftig an der Neuaufforstung der Wälder beteiligt sind.

Inzwischen habe ich einen geeigneten Platz für ein Nickerchen mit weichem Moos gefunden. Ich setze den Rucksack ab und lege mich aufs Ohr. Ich höre dem Säuseln des Windes in den Wipfeln der Bäume zu und bald nicke ich ein.

Geweckt werde ich erneut durch das rätschende „Krräh Krräh“ des blau-schwarzgefiederten Rabenvogels. Wahrscheinlich denkt er, ich habe genug geschlafen und müsse jetzt den Wald wieder verlassen, damit die Tiere ihren wohlverdienten Feierabend genießen können. Er schickt mich also tatsächlich in die unsägliche Hitze zurück. Wahrscheinlich werde ich auf dem Weg in die Zivilisation verdursten.

Ein wenig hat er ja recht, ich habe genug gerastet. Als ich kurze Zeit später aus dem Wald trete, flirrt die Luft noch immer. Ich hole ein Taschentuch aus der Seitentasche des Rucksacks, um mir den Schweiß von der Stirn zu wischen und erfühle dabei mehrere Eicheln. Komisch, die waren vorhin noch nicht da.

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