Bücher im Regen – Ein Plädoyer für das Lesen.

Am Morgen ist das Wetter neblig, später faucht der Wind um die Ecke, die Regentropfen trommeln rhythmisch an die Fensterscheiben. Es wird wohl ein fauler Tag werden. Solche Sonntage liebte ich als Kind unheimlich. Nach dem Frühstück verzog ich mich wieder ins Bett und schmökerte zum dritten Mal Jules Vernes Die Kinder des Kapitän Grant“ oder gar zum fünften Mal „Das Blaue vom Himmel“ von Hannes Hüttner. Zwischendurch brachte Mutter eine Tasse heißen Kakao, ‚damit ich ihr nicht verdurste‚, wie sie immer sagte. Ich versank vollends in die Geschichten, die ich las. Mal segelte ich über die Weltmeere und erlebte spannende Abenteuer in Patagonien oder ich landete mit der Blockhütte auf dem Quarkstern und musste mich später im Schlaraffenland mit den Fleißmeisen und Milchbärten verbünden, um gegen den bösen Zauberer zu kämpfen. Es war eine schöne Zeit, die mein Leben sehr prägte.

Nun stelle ich mir die Frage, was wäre, wenn es keine Bücher mehr gäbe? Meines elfjähriges Ich würde so anworten:

  • Bücher sind für mich ein Schatz, wenn es keine mehr gäbe, würde ich viel weniger wissen.
  • Da würde ich den ganzen Tag traurig auf dem Sofa faulenzen.
  • Keine Abenteuerbücher mehr? Da könnte ja keine Filme mehr gedreht werden.
  • Ohne Bücher gäbe es weniger Gemecker von den Eltern, denn wenn ich lese, höre ich nichts mehr und wenn Mutter sagt, ich soll den Müll raus bringen, überhöre ich es. Dann gibt es immer Theater, aber ich lese trotzdem weiter.

Doch inzwischen sind etliche Jahrzehnte vergangen und die Antworten heutiger Kinder wären, bis auf wenige Ausnahmen, komplett anders:

  • Bücher, die habe ich nur für die Schule, das reicht mir völlig zu!
  • Ich lese doch nicht, schaue lieber Youtube Videos.“
  • Meine Eltern haben Netflix, da schaue ich immer Serien und Filme, Bücher brauche ich nicht.
  • Bücher sind Babykram!

In meinen Augen ist das sehr bedenklich, nicht dass ich die neuen Medien verteufele, ich bin selbst Käufer neuester technischer Spielzeuge aber ich lese trotzdem noch Bücher, wenn auch nicht mehr so oft wie damals. Aber wie bekommen wir unsere Kinder dazu, wieder mehr zu Lesen? Die Vorbildwirkung der Eltern hilft sicher, aber wenn wir ehrlich sind, geben wir Erwachsene uns auch oft dem schnöden visuellen Konsum der bewegten Bilder hin. Unsere Fantasie verkümmert, die unserer Kinder auch. Ich wage mir nicht auszumalen, wie der Bücherkonsum in 30 Jahren aussieht.

Vielleicht sollten wir mit unseren Kindern öfter Bücherläden besuchen, denn schon der Geruch eines neuen Buches spricht Regionen im Gehirn an, die süchtig nach Abenteuern machen, die es zu erleben gilt. Und wir brauchen mehr verregnete Sonntage.

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